Das AlixPartners Agile Finance Framework für proaktives Cash Management besteht aus drei Säulen: 1) Screenen nach exogenen Schocks, 2) Identifizieren von Wechselwirkungen und Ableiten von Maßnahmen, 3) Etablieren einer Cash Culture.
In folgendem Beitrag beleuchten wir Säule 1 näher. Mehr zum gesamten Framework finden Sie hier.
Proaktives Cash Management – Screenen nach exogenen Schocks
Exogene Schocks stellen Unternehmen vor massive Herausforderungen und treffen sie oft unvorbereitet. Die Liste von exogenen Schocks, bei denen wir unsere Klienten begleitet haben, ist in den letzten 10 Jahren zunehmend länger geworden: Schulden- und Bankenkrisen, COVID-19, geopolitische Konflikte wie der Ukraine-Krieg, Ressourcenknappheit und Inflation. Angesichts der zunehmenden Intensität und stetig kürzer werdenden Zyklen solcher Ereignisse in unserem heutigen "Age of Disruption" macht die Analyse von möglichen Szenarien und eine darauf basierende Liquiditätsplanung regelmäßig den entscheidenden Unterschied zwischen unternehmerischem Erfolg auf Basis von agilem Handeln und einer möglichen Zahlungsunfähigkeit. In der gemeinsamen Zusammenarbeit mit unseren Klienten hat sich hier stets bewiesen, sich rechtzeitig mit möglichen Zukunftsszenarien auseinanderzusetzen: Der erste Schritt hin zu einem proaktivem Cash Management.
Gemeinsam mit unseren Klienten setzen wir daher beim Umgang mit Unsicherheit auf die Analyse exogener Schocks als erste Säule eines proaktiven Cash Managements. Dabei fassen die nachfolgenden vier Schritte unsere Erfahrungen adäquat zusammen:
1) Identifikation von exogenen Schocks
Der erste Schritt besteht darin, relevante Szenarien zu definieren, wobei industriespezifische Unterschiede berücksichtigt werden müssen. Potenzielle Risiken können sich je nach Branche erheblich unterscheiden. Beispielsweise können in der Automobilindustrie Materialengpässe in der Lieferkette oder in der Lebensmittelbranche internationale Handelskonflikte zu Importbeschränkungen führen. Diese lange Liste von Szenarien wird dann nach ihren potenziellen Cash-Auswirkungen kategorisiert, wobei Topline-Effekte möglicherweise andere Dynamiken entfalten als Kosten-Effekte. Anschließend werden die relevantesten Szenarien für eine genauere Betrachtung ausgewählt und ihre Implikationen werden mittels Simulationen überprüft.
2) Definition von Variablen und Datensammlung
Das Ziel der zweiten Stufe ist die Zusammenstellung nötiger Daten und die Skizzierung von Wirkungshebeln. Es ist entscheidend, sowohl externe als auch unternehmensinterne Datenquellen zu nutzen, um einen umfassenden Überblick über mögliche Auswirkungen zu erhalten. Beispielsweise für die Auswirkungen von COVID-19 auf unterschiedliche Regionen empfahl sich die Datenbank des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC). Das Vorgehen sowie die zu definierenden Variablen und Effekte unterscheiden sich hier nach Art des Szenarios, Industrie, Geschäftsmodell und regionalem Fokus in Teilen stark. Die individuelle Aufbereitung ist für die Ableitung von Handlungsempfehlungen ein zentraler Schritt.
3) Forecast zu Auftreten und Intensität der Schocks
Das Ziel ist es, ein tiefes Verständnis für die möglichen Szenarien zu entwickeln. Dazu gehört die Analyse, wann und in welcher Form die exogenen Schocks auftreten könnten. Es werden verschiedene Szenarien definiert und modelliert, beispielsweise im Fall von COVID-19 die Erlassung oder Ausweitung von regionalen Lockdowns. Eine globale Perspektive ist erforderlich, bevor das Szenario spezifisch auf das Unternehmen angewendet wird.
4) Forecast zu Cash-Implikationen auf relevante Treiber
Im letzten Schritt werden Cash Szenarien abgeleitet und der Business Impact bewertet. Zentral hierfür ist die Quantifizierung der Effekte auf jeweilige Cash-Treiber, beispielsweise Stillstandsdauer von Produktionsbändern, Ladenschließungen oder Frachtlieferungen. Diese sind in Cash-Effekte zu übersetzen und in eine Szenariobetrachtung einzuplanen (hierauf gehen wir im nächsten Blogpost detaillierter ein). Aufgezeigte Risiken diskutieren wir im nächsten Schritt mit unseren Klienten und leiten etwaige Maßnahmen ab. So ist das Unternehmen bereits frühzeitig darauf vorbereitet, was getan werden muss, wenn es zu tun ist. Mitigationsmaßnahmen erst mit erheblicher Zeitverzögerung abzuleiten, kann, wie die Vergangenheit mehrfach gezeigt hat, erhebliche negative Auswirkungen auf die Unternehmen haben.
Das frühzeitige Erkennen, die branchenspezifische Betrachtungsweise sowie das zielgerichtete Gegensteuern ist von zentraler Bedeutung für die Bewältigung exogener Schocks. Unternehmen müssen proaktiv und gezielt ihre Cash Management Strategien anpassen, um den individuellen Herausforderungen ihrer Branche gerecht zu werden.
Der auf drei Säulen basierende agile und iterative AlixPartners-Ansatz stellt sicher, dass in schwierigen Zeiten, durch das frühzeitige und routinierte Implementieren von Liquiditäts-Maßnahmen, Zeit gewonnen und Stabilität erreicht wird, die wiederum für die Reaktion auf andere Disruptoren während multipler Krisen erforderlich sind. Das heißt, ein plötzlich auftretender exogener Schock setzt agile Unternehmen nicht in “Schockstarre”, sondern ermöglicht es, parallel auftretende Risiken zu bewältigen, sowie Chancen zu erkennen und zu realisieren.
Erfahren Sie hier mehr zu den Erfolgsfaktoren im proaktiven Cash Management: