Preis, Reichweite und Ladeinfrastruktur gehören zu den großen Herausforderungen der Zukunft
In der aktuellen Ausgabe widmen wir uns dem Übergang zur Elektromobilität und den daraus resultierenden Chancen und Herausforderungen für die Automobilindustrie und den mit ihr verbundenen Unternehmen. Hierfür haben wir im Rahmen der AlixPartners Electric Vehicle Consumer Survey 2021 weltweit Verbraucher in acht Märkten befragt. Besonderen Fokus legen wir wie immer in diesem Newsletter auf die deutsche Automobilindustrie. Die wichtigsten Informationen in Kürze:
- 17% aller deutschen Autofahrer ziehen mit hoher Wahrscheinlichkeit beim nächsten Kauf ein Auto mit vollelektrischem Antrieb (BEV) in Betracht, mehr als eine Verdreifachung gegenüber 2019 (5%). 88% der Elektroauto-Besitzer würden sehr wahrscheinlich als nächstes Fahrzeug wieder ein E-Auto kaufen
- Gleichzeitig ist die Bereitschaft einen Aufpreis von 25% gegenüber einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor zu zahlen von 13% (2019) auf 9% gesunken
- 29% der Autofahrer sehen in staatlichen Anreizen weiterhin einen wichtigen Schlüssel zur Einführung von E-Fahrzeugen
- Im Vergleich zu 2019 haben die Bedenken bezüglich der Ladeinfrastruktur um 22% zugenommen
- Für 32% der deutschen Autofahrer ist die Verfügbarkeit von öffentlichen Ladestationen absolut kaufentscheidend, für weitere 34% sehr wichtig. Die Mehrheit (57%) bevorzugt öffentliche Ladesäulen, die nicht an Tankstellen liegen
- Mehr als 50% der deutschen Autokäufer ziehen den persönlichen Kaufprozess dem digitalen Autokauf vor. Interesse am digitalen Autokauf ist insbesondere bei jüngeren Zielgruppen und Elektroauto-Käufern erkennbar
Das Interesse an Elektrofahrzeugen steigt, gleichzeitig sinkt die Zahlungsbereitschaft
Das Interesse der Autofahrer an Elektroautos hat in allen untersuchten Automobil-Märkten zugenommen. Hierzulande ziehen laut den Ergebnissen der Studie etwa 17% der Autofahrer beim nächsten Fahrzeugkauf mit hoher Wahrscheinlichkeit ein batterieelektrisches Fahrzeug in Betracht, was einem Zuwachs um 240% (+12pp.) gegenüber 2019 entspricht (Grafik 1). Das Interesse chinesischer Käufer an einem Elektrofahrzeug bei ihrem nächsten Autokauf liegt mit 50% sogar fast dreimal so hoch.
Ob deutsche Verbraucher den Kauf eines E-Autos erwägen, ist stark von ihrem aktuellen Fahrzeug abhängig. Verbraucher, die bereits ein Elektroauto besitzen, geben mit einer Wahrscheinlichkeit von 88% an, als nächstes Fahrzeug wieder ein E-Auto kaufen zu wollen.
Als wichtige Faktoren für die Entscheidung zum Kauf eines elektrifizierten Fahrzeugs werden neben dem gestiegenen Angebot an Elektrofahrzeugen, staatliche Kaufanreize und gesunkene Kaufpreise genannt. Der Besitz eines Elektroautos im Freundes- oder Familienkreis erhöht das Kaufinteresse zusätzlich.
Der Preis spielt weiterhin in vielen Ländern eine wichtige Rolle für die Attraktivität von Elektrofahrzeugen. Die Preissensibilität unterscheidet sich in den befragten Ländern jedoch deutlich: Käufer in Deutschland geben an, dass ihnen ein günstigerer Kaufpreis (42%) im direkten Vergleich mit Reichweite (34%) und Ladezeit (8%) wichtiger ist. In China hingegen wird dem Preis am wenigsten Gewicht beigemessen (12%).
Die Bereitschaft 50.000 Euro für ein E-Auto zu bezahlen, reicht von 8% (Frankreich) bis 58% (China), wobei in Deutschland lediglich 17% der Konsumenten bereit wären, diesen Preis zu zahlen. Darüber hinaus ist hierzulande auch die Bereitschaft, einen Aufpreis von 25% gegenüber einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor zu zahlen, von 13% (2019) auf 9% gesunken.
Ein weiteres Anzeichen für die Preissensibilität deutscher Verbraucher ist der Wunsch nach staatlichen Kaufanreizen, zum Bespiel in Form eines Ausgleichs potenzieller Preisunterschiede. 29% der Autofahrer sehen diese als einen wichtigen Schlüssel zur Einführung von E-Fahrzeugen. Nur 10% der Befragten wollen jedoch weitere Regulierungen für Verbrenner, beispielsweise in Form einer höheren Spritsteuer.
Ladeinfrastruktur und Reichweite – die größten Hürden für Elektrofahrzeuge
Reichweite und fehlende Ladeinfrastruktur sind nach wie vor die größten Sorgen der Autofahrer. Zunehmend kritisch sehen Autofahrer außerdem die Batterietechnologie. Der Anteil derjenigen, die die Sicherheit der Technologie hinterfragen, hat sich in den letzten zwei Jahren von 6% auf 18% verdreifacht.
Als größte Sorge geben 45% die fehlende Ladeinfrastruktur an, was gegenüber 2019 einen Anstieg um 22% bedeutet – nicht verwunderlich, da die Zahl der E-Autos deutlich schneller wächst als die der öffentlichen Ladesäulen. Danach folgt die Reichweite mit 40% und dann erst die Ladezeit mit 36%, wobei sich beide gegenüber 2019 deutlich verringert haben (-27% und -16%) (Grafik 2).
Verfügbarkeit öffentlicher Ladesäulen ist kaufentscheidend
Für 66% der deutschen Autofahrer ist die Verfügbarkeit von öffentlichen Ladestationen kaufentscheidend. Auch wenn 50% der Befragten die Ladevorgänge vornehmlich zu Hause durchführen wollen und 13% an der Arbeitsstätte. 32% der Befragten würden nur ein E-Fahrzeug kaufen, wenn Ladestationen so verfügbar wären wie heute Tankstellen. Nur jeder Dritte würde eine öffentliche Ladesäule für den Großteil der Ladevorgänge nutzen.
Die Mehrheit der Studienteilnehmer (57%) bevorzugt öffentliche Ladesäulen, die den Ladevorgang in den Alltag integrieren – diese liegen nicht an Tankstellen, sondern zum Beispiel in Einkaufszentren und Lebensmittelgeschäften. In Großbritannien und Frankreich liegt die Ablehnung von Tankstellen sogar bei etwa 70%.
Jüngere Zielgruppen sind offen für digitalen Autokauf
Da der Autokauf für viele immer noch eine emotionale Erfahrung ist, überrascht es wenig, dass mehr als 50% der deutschen Autokäufer einen persönlichen Kaufprozess bevorzugen. Neben Probefahrten ist vielen Käufern auch der persönliche Kontakt bei der Finanzierung und Preisverhandlung wichtig. Lediglich 19% bevorzugen es, den gesamten Kauf online abzuwickeln.
Im Vergleich stehen Verbraucher in China komplett digitalen Fahrzeugkäufen am offensten gegenüber: 53% der Befragten geben den vollständig digitalen Fahrzeugkauf als präferierte Kaufoption an.
Ein Trend ist bei der Entwicklung des Kaufverhaltens deutlich erkennbar: Der Online-Kauf ist mit 33% die bevorzugte Kaufoption für E-Auto-Käufer im Vergleich zu 9% bei Käufern mit geringem oder keinem Interesse an Elektrofahrzeugen. Zudem präferieren jüngere Zielgruppen den Autokauf online abzuwickeln – die Autokäufer werden also immer digitalaffiner (Grafik 3).
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Interesse der Verbraucher an Elektrofahrzeugen bis auf wenige Ausnahmen weltweit immer weiter wächst.
Nichtsdestotrotz sind noch einige große Hürden zu überwinden, allen voran bei den Fahrzeugkosten, der Ladeinfrastruktur und der digitalen Transformation der Fahrzeughersteller und -händler.
Auch für Autohäuser und Tankstellen könnten die zunehmende Verbreitung von E-Fahrzeugen und sich verändernde Kundenpräferenzen, wie das steigende Interesse am digitalen Fahrzeugkauf, zu neuen Herausforderungen führen.
Eins steht fest: Der Umbruch zur Elektromobilität spiegelt sich immer stärker im Kaufinteresse der Autofahrer wider.
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