In unserer Interview-Reihe “C-suite ready on the job” berichten Kolleginnen und Kollegen von ihren Erfahrungen in verschiedenen Interim-Management-Teams bei AlixPartners. In diesem Beitrag haben wir Alban Baiker, Partner bei AlixPartners, befragt.

In den letzten Monaten warst du für einen unserer Kunden als Interim Manager tätig. Welche Funktion hast du für den Kunden eingenommen und warum in interimistischer Verantwortung?

Vor einigen Monaten bekamen wir eine sehr kurzfristige Anfrage für eine echte „When it really matters“-Situation. Ein Private Equity-Investor brauchte kurz vor dem Closing einer großen Carve-Out-Transaktion Verstärkung für das Managementteam des neu erworbenen Unternehmens. Ich ging als Group Treasurer mit einem erfahrenen Team in die Verantwortung beim Kunden, einem global operierenden Technologiekonzern mit Produktionsstandorten auf drei Kontinenten, weil es dort erhebliche Optimierungspotentiale hinsichtlich der Liquiditätssituation gab. 

Unter normalen Umständen sollte Treasury eine eingespielte Funktion sein, die idealerweise im Hintergrund bleibt und außer im Kontakt zu den finanzierenden Banken kaum in Erscheinung tritt. Die formale Rolle als Group Treasurer gab mir die Möglichkeit, die Liquiditätssituation unseres Kunden sehr effektiv und vor allem sehr zeitnah zu verbessern. Unser internationales Team bestand aus insgesamt acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sowohl vom Kunden als auch aus den entsprechenden AlixPartners-Büros in Japan und Deutschland das gemeinsame Team formten. 

Auch wenn ich formal die Rolle des Group Treasurers innehatte, erfuhren alle Teammitglieder „Management-Verantwortung“ als Teil der interimistischen Aufgabenstellung.

Innerhalb weniger Wochen konnten wir die Situation erfolgreich stabilisieren. Danach sind wir von AlixPartners-Seite noch eine Weile an Bord geblieben. In Summe wurden es bis zur Übergabe an meinen Nachfolger, den neuen permanenten Group Treasurer; acht Monate, in denen wir die Treasury-Funktion auf grundlegend neue Füße gestellt und die Liquiditätssituation nachhaltig verbessert haben. 

Was waren die größten Herausforderungen?

Erfahrung mit Treasury-Aufgaben hatte ich in den Vorjahren schon ausgiebig sammeln können, auch in interimistischer Verantwortung. Die größte Herausforderung lag in diesem Fall im Change-Management und in den kulturellen Unternehmensmerkmalen, die sich aus der japanischen Tradition unseres Kunden ergaben. Effektive Arbeit mit japanischen Teams erfordert eine hohe kulturelle Sensibilität und Flexibilität in der Wahl der Mittel. Was in Europa oder Nordamerika gut funktioniert, ist in Japan nicht immer der beste Weg. Geduld, aktives Zuhören und die Hilfe meines japanischen Kollegen waren in vielen Situationen der Schlüssel zum Erfolg. 

Die ersten Projektwochen waren sehr anspruchsvoll. Anfangs war es besonders wichtig, vor Ort in Tokyo zu arbeiten, um eine gute Arbeitsbeziehung mit dem Team aufzubauen. Im späteren Projektverlauf war ich dann nur noch alle sechs bis acht Wochen für jeweils eine Woche in Japan und konnte ansonsten von Europa aus arbeiten. Grenzüberschreitendes Arbeiten ist im positiven Sinne spannend und lässt sich - sobald eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung geschaffen ist - sehr gut per Videocalls und E-Mail organisieren.

Wie sieht Teamwork in einer Interim-Manager-Rolle aus und warum ist es vorteilhaft?

Unsere japanischen Kollegen waren nicht nur kulturelle Türöffner. Grundsätzlich gehen wir bei AlixPartners nur im Team in Interim-Management-Rollen. Um schlagkräftig Veränderungen umzusetzen, sind mehrere Köpfe immer besser als einer. Dabei geht es nicht nur um die Menge der Arbeit, sondern auch um komplementäre Fähigkeiten und darum, einen Sparring Partner zu haben für die komplexen politischen Situationen und Weichenstellungen, die früher oder später in jeder Interim-Management-Rolle auftreten. Im konkreten Fall hatten wir, neben dem operativen Kernteam, im Hintergrund zusätzlich zwei weitere, sehr erfahrene AlixPartners-Kollegen zur Verfügung, deren Meinung in einigen Situation äußerst hilfreich war. Auch mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung kann ich immer noch viel von meinen Kollegen bei AlixPartners lernen und sie sind hervorragende Sparring Partner, wenn es darauf ankommt. 

Welche persönlichen Eigenschaften braucht ein Interim Manager und welche Erfahrungen muss er oder sie mitbringen?

Über die notwendigen Fähigkeiten von Führungskräften ist schon viel geschrieben worden. Die Anforderungen an Interim Manager unterscheiden sich in einigen Punkten davon. Bereits an ihrem ersten Arbeitstag ist bekannt, dass die Suche nach ihrem Nachfolger oder ihrer Nachfolgerin schon längst begonnen hat. Um in dieser Situation nicht als „Lame Duck“ wahrgenommen zu werden und die hohen Erwartungen der Auftraggeber in kürzester Zeit zu erfüllen, wird ein ganz besonderes Durchsetzungsvermögen benötigt. Der Veränderungsdruck, der sich aus der Unternehmenssituation ergibt, und ein starkes Mandat des Eigentümers können dabei sicherlich helfen. Wesentlich wichtiger ist aber auch die Überzeugungskraft des Interim Managers selbst. Wie gewinnt man Mitstreiter im Kundenunternehmen, die eine Chance sehen, das Unternehmen und ihre eigene Position voranzubringen? Was ist die richtige Mischung aus Feuerwehr für die akute Krisensituation und Brandstifter für das kontrollierte Abflämmen von historisch gewachsenen, aber überholten Strukturen? Als Interim-Management-Team ohne Historie oder Zukunft im Kundenunternehmen hat man höhere Freiheitsgrade, ist aber genauso stark auf die Unterstützung der regulären Linienmanager angewiesen. 

„Umsetzungsstärke, gepaart mit viel Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen“ kann das Anforderungsprofil gut beschreiben. 

Wie lange hat es nach deinem Einstieg bei AlixPartners für dich gedauert, um in ein Interim-Management-Team zu kommen?

Nicht lange. Schon nach wenigen Monaten bei AlixPartners hatte ich meine erste Interim-Rolle in einem Kundenunternehmen. Häufig sind die Grenzen zwischen Berater und Interim-Rolle bei uns ohnehin fließend. Die Befähigung für die C-Suite, in die man bei AlixPartners auf diese Weise „hineinwachsen“ kann, nehmen viele als große Bereicherung wahr. Wir arbeiten sehr umsetzungsorientiert und in der Regel Hand in Hand mit den Kundenteams. Das ist ein gutes Training, um früher oder später auch in formalen Rollen beim Kunden Verantwortung zu übernehmen. Dabei können die Rollen sehr unterschiedlich sein: Von echten Organstellungen (Geschäftsführung oder Vorstand) über Aufgaben im mittleren Management, so wie bei mir in den letzten Monaten, bis hin zu Positionen ohne Personalverantwortung haben wir beim Kunden schon diverse Funktionen besetzt. Gerade letztere Positionen ohne Personalverantwortung sind häufig der Einstieg für jüngere AlixPartners-Kolleginnen und -Kollegen, die sich in Richtung C-Suite entwickeln möchten.

 

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