In dieser Ausgabe befassen wir uns mit den Herausforderungen und Entwicklungen der Automobilindustrie im Jahr 2025. Im Fokus stehen die Zunahme von M&A-Transaktionen, strategische Kooperationen sowie die fortschreitende Elektrifizierung und technologische Transformation.
- Zunehmende Herausforderungen in der Automobilindustrie: Die Branche steht 2025 vor größeren strategischen, operativen und finanziellen Herausforderungen, was zu einer höheren Insolvenzwahrscheinlichkeit, insbesondere bei kleineren Zulieferern, führen könnte.
- Stagnation in den westlichen Märkten: Der Absatz in Europa und Nordamerika dürfte nahezu stagnieren, während die Elektrifizierung weiter voranschreitet. Der Anteil an batterieelektrischen Fahrzeugen und Plug-in-Hybriden in Europa könnte bis 2030 auf etwa 46% steigen.
- Zunahme von M&A-Transaktionen: In der DACH-Region wird ein weiterer Anstieg von M&A-Transaktionen erwartet, mit über 80 abgeschlossenen Transaktionen bis Ende Oktober 2024 bereitsein Anstieg von mehr als 50% gegenüber dem Vorjahr.
- Strategische Kooperationen als Chance: Unternehmen suchen zunehmend strategische Partnerschaften, um neue Märkte zu erschließen und Risiken zu teilen, besonders im Bereich der Elektromobilität und Software.
- Fokus auf Technologie und Transformation: Große Automobilhersteller und Zulieferer setzen auf Transformation und Technologie, um den Herausforderungen der Branche zu begegnen, wie etwa die Akquisition von V4Drive Battery durch Porsche.
Die Herausforderungen der Automobilbranche, insbesondere für Hersteller sowie Zulieferer aus Europa und Nordamerika, sind so vielseitig wie selten zuvor: Rezessionssignale, verschärfter Wettbewerb speziell durch aggressive Preispolitik der auf die westlichen Märkte strebenden chinesischen „New Energy Vehicle“-Spieler, sowie zunehmende Unsicherheiten im Zuge der Infragestellung des Verbrennerverbots in der EU ab 2035.
Stagnation in Europa – Chinesen stehen unter Druck, Wachstum aufrechtzuerhalten
Während selbst global der Absatz von Neufahrzeugen bis 2030 durchschnittlich mit moderaten ~2% wachsen dürfte, erwarten wir für die westlichen Märkte Europa und Nordamerika nahezu eine Stagnation. Allerdings schreitet die automobile Elektrifizierung weiter voran – je nach konjunktureller Entwicklung und politischer Debatte (Stichwort: EU-Verbrenner-Aus) dürfte der kombinierte Anteil batterieelektrischer Fahrzeuge sowie Plug-in-Hybriden bis 2030 in Europa auf etwa 46% (zum Vergleich: 2024 ca. 18%) steigen. In Bezug auf Lieferkettenstabilität, Kosteneffizienz, Technologie-Know-how sowie Produktstrategie stellt diese Entwicklung weiterhin eine enorme Herausforderung für die Branche dar. Gleichzeitig ist mit dem sogenannten Software-defined Vehicle (SDV) die nächste Disruption schon in vollem Gange.
Viele Automobilhersteller und -zulieferer werden diese Herausforderungen mit der vorhandenen Innovationskraft, dem bisherigen Know-how, ihrem „traditionellen“ Operating Model nicht allein stemmen können. So sind die Anforderungen an eine performante Softwarearchitektur des Fahrzeugs mit streng an den Kundenanforderungen orientierter Funktionalität sowie kurzen Entwicklungszyklen nur zwei Beispiele, bei denen es etablierte, westliche Anbieter bislang kaum schaffen, mit der Geschwindigkeit, die neue, hochgradig technologieaffine Wettbewerber wie BYD, Xiaomi und andere mittlerweile global vorgeben mitzuhalten.
Gleichzeitig kämpfen viele Automobilhersteller und auch -zulieferer mit schwachen Absatzmengen sowie operativen und finanziellen Herausforderungen. Bei den Top 25 Zulieferern stagniert der Umsatz im Jahr 2024 bei rund 407 Milliarden €, und bei den Top 10 OEMs ist ein Rückgang um 1,5% im Vergleich zu 2023 zu verzeichnen. Die ohnehin schon bei vielen Zulieferern angespannte Margensituation wird damit weiter verschärft, wodurch der bereits hohe Konsolidierungsdruck der Branche zumindest anhalten, sich vermutlich sogar weiter verschärfen dürfte. Kostensenkungsprogramme bei OEMs und Zulieferern, angekündigte Werksschließungen sowie erhebliche Personalabbauprogramme sprechen eine deutliche Sprache.
Insbesondere China, mit über 20 Millionen jährlich abgesetzten Fahrzeugen der größte Einzelmarkt für Automobilhersteller und bedeutender Wachstumsmotor der letzten Jahre, weist wie in den beiden Jahren zuvor auch in 2024 eine noch weiter abnehmende Wachstumsrate auf. Das abgesetzte Volumen für Januar bis Oktober lag zwar 2,9% über dem Vorjahreswert, allerdings unter den Wachstumsraten der Vergangenheit (3,0% in 2023, 3,4% in 2022). Auch die tobenden Preiskämpfe unter den Herstellern konnten nicht für einen höheren Absatz sorgen. China wird künftig nicht an die hohen Wachstumsraten der Vergangenheit anknüpfen können und eher auf einem Niveau von jährlich 2% und damit leicht über dem global erwarteten Pkw-Absatzwachstum liegen. Die Schwelle zur Stagnation bleibt also auch hier in greifbarer Nähe.
Anstieg von M&A Transaktionen in DACH – Strategische Kooperationen ermöglichen Zugang zu neuen Märkten und Technologie
Trotz der Herausforderungen gibt es eine Erholung auf dem M&A Markt in der DACH-Region. In 2024 wurden bereits per Ende Oktober mehr als 80 abgeschlossene Transaktionen verzeichnet, das entspricht bereits innerhalb von 10 Monaten einem Anstieg von mehr als 50% gegenüber gesamt 2023 (Grafik 1).
Das jüngste Votum der EU, Zölle auf in China hergestellte Elektrofahrzeuge (EVs) zu erheben, wird wahrscheinlich strategische Verschiebungen innerhalb der Automobilindustrie beschleunigen.
Des Weiteren, könnten chinesische Unternehmen die Übernahme von europäischen Automobilfirmen oder Produktionsstätten anstreben, um die neuen Zölle zu umgehen. Dies könnte zu mehr grenzüberschreitenden Aktivitäten bei Fusionen und Übernahmen innerhalb des Sektors führen.
Große deutsche Automobilhersteller wie Volkswagen und Stellantis sehen sich bei der Anpassung an die Umstellung auf Elektrofahrzeuge dem Druck des verschärften Wettbewerbs und der sich verändernden Marktdynamik ausgesetzt. Ihre Gewinnprognosen wurden bereits negativ beeinflusst, was möglicherweise zu weiteren strategischen Neuausrichtungen oder Veräußerungen von nicht zum Kerngeschäft gehörenden Vermögenswerten führen könnte.
Die Akquisition eines Mehrheitsanteils an V4Drive Battery von Porsche kann hier als Beispiel einer Transformations- und Technologie getriebenen M&A Strategie verstanden werden.

Quelle: Mergermarket, Oktober 2024
Wir gehen insgesamt davon aus, dass im Jahr 2025 sowohl die Anzahl der Transaktionen als auch die Anzahl an Insolvenzen in der deutschen Automobilindustrie gegenüber dem Vorjahr zunehmen werden.
Strategische Kooperationen dienen dabei in der Regel zur Erschließung von Märkten oder der Aufteilung von Risiken und Investitionen bei neuen Produktfeldern – insbesondere bei Komponenten und Systemen im Bereich des elektrischen Antriebsstrangs.

Quelle: AlixPartners
Fazit
Die strategischen, operativen und finanziellen Herausforderungen werden im Jahr 2025 für die Automobilindustrie nochmals weiter zunehmen. Infolgedessen nimmt die Insolvenzgefahr in 2025, gerade für kleine und mittelständische Zulieferer mit weniger als 1 Milliarde € Jahresumsatz, signifikant zu. Ein Verkauf bzw. eine strategische Partnerschaft können hier eine Option sein, die im Vergleich zu einer harten, auf Kostensenkung fokussierten Restrukturierung zusätzliche Synergiepotentiale und Zugang zu neuen Märkten oder Technologien bietet.
Es liegt auf der Hand, dass die stärkere Zusammenarbeit zwischen OEMs, Zulieferern und neuen Marktteilnehmern, die bislang keine oder nur eine untergeordnete Rolle in Automotive gespielt haben, eine Möglichkeit ist, sich dem internationalen Wettbewerb zu stellen. Der Fokus liegt hier vor allem auf Technologien im Bereich der Elektrifizierung sowie der Software.
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