• Agrokor, ein Lebensmittel- und Einzelhandelskonglomerat und einer der größten Arbeitgeber auf dem Balkan, stand kurz vor dem Bankrott.
  • In einem beispiellosen Schritt verabschiedete die kroatische Regierung ein Notstandsgesetz mit dem Namen "Lex Agrokor", um sowohl die kroatische als auch die Wirtschaft der Balkan Region zu schützen. Mit einer Verschuldung von über 6 Mrd. EUR und 50 000 gefährdeten Arbeitsplätzen wurde die Restrukturierung von Agrokor zur größten in Europa zwischen 2017 und 2018.
  • AlixPartners setzte ein rasches, effektives und faires Restrukturierungsverfahren in Gang, um einen Zusammenbruch von Agrokor zu verhindern, und damit bewiesen, dass Insolvenz nicht die einzige Option für Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten sein muss. 
"Mit der Umsetzung der Gläubigervereinbarung schließen wir einen anspruchsvollen Prozess zur Rettung des Unternehmens ab, das noch vor zwei Jahren am Rande des Konkurses stand"
Fabris Peruško, staatlich ernannter Krisenmanager von Agrokor

Die Situation: Der Zusammenbruch von Agrokor könnte eine Katastrophe bedeuten

2017 stand das Lebensmittel- und Einzelhandelskonglomerat Agrokor, Kroatiens größte Unternehmensgruppe, kurz vor dem Zusammenbruch. Bedrängt von neuen Billigkonkurrenten, belastet mit mehr als 6 Milliarden Euro Schulden und mit eingefrorenen Bankkonten, konnte Agrokor seinen Verpflichtungen gegenüber Lieferanten und Gläubigern nicht mehr nachkommen.


Die potenziellen Auswirkungen wären verheerend gewesen, da Agrokor – einer der größten Arbeitgeber auf dem Balkan – so eng mit der kroatischen Wirtschaft verflochten war, dass sein Untergang nahezu alle Bürger und jedes Unternehmen im Land beeinflusst hätte.

Der Ansatz: Agrokor ist zu groß, um zu scheitern, aber zu komplex, um saniert zu werden

Agrokor entwickelte sich in den 1990er Jahren zu einem vertikal integrierten Unternehmen in der Lebensmittelherstellung und -verteilung im Einzel- und Großhandel.

2017 jedoch kämpfte Agrokor darum, seine Finanzen stabil zu halten. Die Synergien aus zahlreichen Übernahmen wurden nicht genutzt, die Finanzierungsmodelle waren schwerfällig, und große Investitionen in Produktionsanlagen brachten in einem angemessenen Zeitrahmen keine akzeptablen Renditen. Durch die enge Verflechtung innerhalb des Konzerns und umfangreiche interne Geschäftsbeziehungen führten Liquiditätsprobleme in einem Bereich schnell zu Auswirkungen auf die gesamte Konzernstruktur.

Die kroatische Regierung sah zunächst von einer Rettung ab, da es sich um ein privatwirtschaftliches Problem handelte. Dennoch überprüfte sie angesichts des möglichen Scheiterns des Konzerns, der fast 15 % des kroatischen BIP ausmachte, das bestehende Insolvenzrecht. Dabei musste sie feststellen, dass die bestehenden Gesetze nicht ausreichten, um einen so komplexen und systemrelevanten Betrieb wie Agrokor zu sanieren.

Um diese Lücke zu schließen, wurde ein neues Gesetz - von der lokalen Wirtschaftspresse als "Lex Agrokor" bezeichnet - entwickelt, das die Restrukturierung systemrelevanter Unternehmen ermöglicht.

Nachdem alle anderen Optionen ausgeschöpft waren, beantragte Agrokor Anfang April die außerordentliche Verwaltung unter dem neuen Gesetz.

Das Ergebnis: Agrokor braucht eine ungewöhnliche Lösung

In dieser Phase wurde AlixPartners als Beratung für die Restrukturierung von Agrokor hinzugezogen. Unser multidisziplinäres Team bewertete die Tragfähigkeit der verschiedenen Geschäftsbereiche, kümmerte sich um den Cashflow und entwickelte einen langfristigen Plan zur Stabilisierung des Unternehmens und zur gerechten Begleichung von Forderungen.

Es war ein enormes Unterfangen unter strengen Zeitvorgaben. AlixPartners musste parallel mit Management, Gläubigern, Regierungsvertretern und der Presse verhandeln und dabei eine übergeordnete Kreditlinie von 1,06 Milliarden Euro aufstellen – ohne dabei auf öffentliche Gelder zurückzugreifen.

Das Team stabilisierte das Unternehmen, führte effiziente Cash-Management-Verfahren ein und arbeitete mit jedem Geschäftsbereich an der Entwicklung von Geschäftsplänen und der Verbesserung des EBITDA. Gleichzeitig entwickelte AlixPartners einen Plan zur Restrukturierung der Unternehmensfinanzen durch einen Debt-for-Equity-Swap.

Entscheidend für diesen Plan war die Konsolidierung aller kroatischen Forderungen unter einem globalen Restrukturierungsabkommen und die vollständige Rückzahlung an die Kleinstlieferanten von Agrokor, d. h. an kleine Familienbetriebe und Unternehmen, die ihr gesamtes Einkommen aus dem Unternehmen bezogen. Indem die Kleinstlieferanten unterstützt wurden, konnte das weiterbestehende Unternehmen einen zusätzlichen Mehrwert für die Gläubiger schaffen, die gebeten wurden, ihre Forderungen gegen Anteile an den überlebenden Geschäftseinheiten einzutauschen.

Nach intensiven und teils hitzigen Verhandlungen wurde im Juli 2018 bei einer Gerichtsanhörung ein Restrukturierungsplan zur Zustimmung vorgelegt. Mit der Zustimmung von 80,2 % der Gläubiger konnte der Plan umgesetzt werden.

Alle Teile von Agrokor operieren nun unter dem Dach der Fortenova-Gruppe. Neue Eigentümer und ein neues Management mit überarbeiteten Governance-Strukturen sind an Bord. Die Umsätze sind gegenüber 2016 um etwa 4 % gesunken, während das EBITDA, das sich bis 2021 mehr als verdoppeln soll, bis Ende 2018 im Plan lag.

Wenn es wirklich darauf ankommt: 50.000 Arbeitsplätze und tausende von Zulieferern gerettet

Die Liquidation und Zerschlagung eines Unternehmens sind nicht die einzigen Lösungen bei finanziellen Schwierigkeiten. Die schnelle, effiziente und gerechte Restrukturierung von Agrokor verhinderte eine Katastrophe und schuf weit mehr Wert für die Gläubiger. Die "Lex Agrokor" hat sogar einen weltweiten Präzedenzfall für Gesetze zur Restrukturierung systemrelevanter Unternehmen geschaffen.  
Der multidisziplinäre Ansatz von AlixPartners, das tiefgreifende Verständnis der einzelnen Geschäftsbereiche von Agrokor, die enge Zusammenarbeit mit dem Management und die Fokussierung auf Liquidität – all dies unter engen Zeitvorgaben und trotz teilweise heftigen Widerstands – halfen, eine nationale Krise zu verhindern. Zudem sicherten sie das Überleben von Hunderten von Kleinbetrieben und bewahrten über 50.000 Arbeitsplätze, wodurch Agrokor auf einen nachhaltigen Weg gebracht wurde.

Anerkennung der Branche für unsere Turnaround-Lösung

Die Turnaround Management Association ehrte Managing Director Alastair Beveridge für seine Transformationsarbeit bei Agrokor und verlieh ihm den International Company Transaction of the Year Preis.
Diese Auszeichnung würdigt den Ideenreichtum und die Ausdauer des gesamten AlixPartners-Teams bei der Entwicklung und erfolgreichen Durchführung dieser außergewöhnlichen Turnaround-Lösung.

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