Disruptionen lösen große Unsicherheit aus: 74% der deutschen Führungskräfte sehen ihre Position bedroht

29. März 2022
  • AlixPartners Studie zeigt, dass disruptive Entwicklungen deutsche Führungskräfte schon vor der Ukraine-Krise mehr denn je bewegt haben
  • Die Ukraine-Krise ist zusätzlicher Disruptionsbeschleuniger; Die Dringlichkeit zur Umgestaltung der Geschäftsmodelle bestätigen 96% der deutschen Führungskräfte
  • Aber sie stehen mit der Sorge um die Anpassungsfähigkeit ihres Unternehmens im globalen Vergleich auf Platz eins: 71% befürchten, dass sich ihre Unternehmen dem Wandel nicht schnell genug anpassen
  • Das führt bei drei Viertel der Führungskräfte zur Sorge um den eigenen Arbeitsplatz
  • Covid-19 spielt bei den Disruptionen kaum noch eine Rolle – Zukunftsthemen wie der technologische Fortschritt bei Materialien, deren Verfügbarkeit, steigende Energiepreise und Energieengpässe, Automatisierung oder KI und Robotik stehen im Fokus
  • 56% der deutschen Führungskräfte befürchten die Auswirkungen durch Unterbrechung von Lieferketten

München (29. März 2022) – Unsere im Herbst 2021 erhobenen Zahlen zeigen, dass Themen wie Lieferkettenprobleme, Rohstoffverfügbarkeit und -preise, Digitalisierung, ESG-Anforderungen, Fachkräftemangel sowie geopolitische Auseinandersetzungen deutsche Führungskräfte schon vor dem kriegerischen Konflikt in der Ukraine unter erheblichen Druck gesetzt haben. Die Ukraine-Krise wirkt jetzt in nahezu jeder Branche als Disruptionsbeschleuniger und erhöht den Handlungsdruck teilweise dramatisch. „Die Implikationen der bereits existierenden disruptiven Faktoren plus der Ukraine-Konflikt werden weitaus heftiger sein als viele sich das heute vorstellen können“, sagt Andreas Rüter, Geschäftsführer von AlixPartners Deutschland zum AlixPartners Disruption Index 2022. Für die Studie wurden von September bis November 2021 weltweit über 3.000 CEOs und Führungskräfte aus verschiedenen Branchen, darunter knapp 200 deutsche Teilnehmer, befragt.

Die Unsicherheit steigt – für das Unternehmen und den Einzelnen
Bei 74% der befragten deutschen Führungskräfte herrscht große Besorgnis um den eigenen Job. In der Vorjahresumfrage galt diesem Thema bereits hohe Aufmerksamkeit, jedoch ist der Anstieg um 22 Prozentpunkte ein deutliches Zeichen der vorherrschenden Unsicherheit.

„Die Sorge um den eigenen Job entspringt einem realistischen Blick der Führungskräfte auf ihre Lage”, sagt Andreas Rüter, Geschäftsführer von AlixPartners in Deutschland. „Die Führungskräfte sehen Hürden wie Verfügbarkeit geeigneter Ressourcen für die erforderliche Transformation oder die limitierte Bereitschaft in ihren Unternehmen schnell und radikal zu reagieren. Ambitionierte Eigentümer dagegen fragen sich, ob sie die richtigen, sturmerprobten Kapitäne für das Navigieren in rauer See an Bord haben.“

Aus dem Index geht hervor, dass die erforderliche Anpassungsfähigkeit viele Unternehmen vor große Herausforderungen stellt. 96Prozent der befragten deutschen Führungskräfte sehen den dringenden unmittelbaren Handlungsbedarf, das eigene Geschäftsmodell aufgrund disruptiver Faktoren umzugestalten. Gleichzeitig sorgen sie sich, dass ihr Unternehmen sich nicht schnell genug anpasst, um die Veränderungen erfolgreich zu meistern (71%). Mit dieser Zahl steht Deutschland im globalen Vergleich auf Platz eins. 2021 glaubten bereits 57 Prozent der befragten Führungskräfte, dass ihre Unternehmen nicht die notwendigen Schritte unternehmen, um den Wandel zu bewältigen.

Covid-19 spielt keine Rolle
Covid-19 spielt bei den befragten Führungskräften kaum noch eine Rolle als disruptiver Faktor. Wie im letzten Jahr werden technologischer Fortschritt bei Werkstoffen und Produktionsverfahren sowie Automatisierung, KI und Robotik weiterhin als die wichtigsten Disruptoren der nächsten 12 Monate gesehen.

„Die Corona-Pandemie hat für viele Veränderungen lediglich als Beschleuniger gewirkt. Covid-19 selbst steht global und in Deutschland aber nur an letzter Stelle der genannten Disruptoren“, kommentiert Rüter die Ergebnisse und ergänzt: „Themen wie eine konstant sichere Lieferkette oder der Kampf um Talente spielen eine viel größere Rolle.“

Langfristige Lösungen sind Mangelware
Die Befürchtung hinsichtlich der Unterbrechungen der Lieferketten beschäftigt mehr als die Hälfte (56%) der deutschen Führungskräfte und wird als die nächste große Herausforderung angesehen. Doch auch Themen wie Verfügbarkeit und Preisanstieg bei Rohstoffen und Energie, digitale Transformation, ESG-Anforderungen oder der Fachkräftemangel sind Realitäten, mit denen sich Führungskräfte intensiv auseinandersetzen müssen. So befürchten 4 von 5 Befragten, dass der vorherrschende Fachkräftemangel von Dauer sein könnte.

Dass 83 Prozent der Befragten der Meinung sind, die ergriffenen Maßnahmen zur Verbesserung der Lieferkette nicht wirksam genug sind, kann Andreas Rüter so bestätigen. Ungeachtet der bereits getroffenen Maßnahmen empfinden rund ein Drittel (35%) der deutschen Führungskräfte zudem ihre vorgesehenen Lösungen als nicht ausreichend langfristig wirksam.

„Wir sehen Unternehmen, die Szenarien mit stärkerem regionalem Bezug statt der Belieferung aus Fernost durchspielen. Fragen hinsichtlich regionalem vs. globalem Bezug oder das Insourcing von Wertschöpfung werden mit dem Ziel höherer Unabhängigkeit von Schwankungen immer öfter gestellt“, sagt Rüter.

Eine langfristige Lösung könnte laut Dreiviertel der deutschen Führungskräfte die Einführung digitaler Werkzeuge sein, um damit das Überleben der eigenen Unternehmung zu sichern. Wiederum circa die Hälfte der Befragten (47%) sind der Meinung, dass die größte Herausforderung in der unzureichenden Umsetzung der Technologien besteht; obwohl bereits 2021 Investitionen in neue Technologien als eine Top-Reaktions-Strategie auf Disruptionen angesehen wurde (53%).

„Trotz aller Bemühungen für ein Mehr an klaren Perspektiven wird der Krieg in der Ukraine den Fokus auf kurzfristige Maßnahmen wie beispielsweise den Bezug von Kabelbäumen für die Automobilindustrie oder Neon für die Halbleiterherstellung verstärken. Wichtig ist es, eine Balance zwischen diesen kurzfristigen Maßnahmen und der Investitionen in einen langfristig nachhaltigen Umbau mit flexibleren Lieferkettenstrukturen, besserer Reaktionsgeschwindigkeit bei disruptiven Ereignissen oder mehr Unabhängigkeit beim Bezug von Rohstoffen und Energie zu schaffen“, erklärt Andreas Rüter.  

Mitten im Transformationsdilemma
Die Sorge von 71% der Befragten, dass die eigenen Mitarbeiter nicht über die notwendigen Fähigkeiten verfügen, das Geschäft in der Zukunft zu führen, zeigt das Dilemma der deutschen Führungskräfte. Bei 76% der Befragten ist somit eine weitere Schwachstelle auszumachen: Es ist nicht nur eine große Herausforderung eine Kultur zu schaffen, die den Wandel annimmt, sondern sie wissen auch teilweise nicht, wie sie diese Transformation umsetzen sollen. Positiv hervorzuheben ist, dass sich die deutschen Führungskräfte einig sind, dass ihre Unternehmen mehr Verantwortung für die Aus- und Weiterbildung ihrer derzeitigen und künftigen Arbeitskräfte übernehmen müssen (87%).

Über den AlixPartners Disruption Index 2022
Der AlixPartners Disruption Index 2022 ist eine Umfrage des globalen Beratungsunternehmens über die Einstellung von Führungskräften zu den Disruptionen, die die Wirtschaft umgestalten. Für die Umfrage wurden zwischen dem 28. September 2021 und dem 29. November 2021 über 3.000 Führungskräfte in den USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, der Schweiz, China und Japan befragt. Die Führungskräfte stammen aus 10 verschiedenen Branchen, darunter Luft- und Raumfahrt & Verteidigung, Automobil, Konsumgüter, Energie & Stromerzeugung, Finanzdienstleistungen, Gesundheitswesen & Biowissenschaften, Medien & Unterhaltung, Einzelhandel, Technologie sowie Telekommunikation & Kabel. Alle Befragten waren zwischen 25 und 65 Jahre alt, hatten mindestens die Position eines Direktors oder einer Direktorin inne und arbeiteten in Unternehmen mit einem Umsatz von über 100 Millionen US-Dollar. Weitere Informationen finden Sie unter disruption.alixpartners.com.

Über AlixPartners
Das global agierende Beratungsunternehmen AlixPartners hat sich darauf spezialisiert, Unternehmen bei der erfolgreichen Bewältigung ihrer komplexesten und kritischsten Herausforderungen zu unterstützen. Zu unseren Klienten zählen Unternehmen, Unternehmensvorstände, Anwaltskanzleien, Investmentbanken, Private-Equity-Firmen und andere. AlixPartners wurde 1981 gegründet, hat seinen Hauptsitz in New York und ist mit etwa 2.500 Mitarbeitern in mehr als 20 Städten auf der ganzen Welt vertreten. Weitere Informationen finden Sie unter www.alixpartners.com.

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